Anwaltszwang in Oesterreich

 

Forderungen unter € 30.000,--
In Österreich werden Forderungen bis zu einer Höhe von € 30.000,-- mittels eines gerichtlichen Mahnverfahrens durchgeführt. Der Beklagte erhält vom Bezirksgericht auf Grund einer vom Kläger eingebrachten Mahnklage einen Zahlungsbefehl und kann sodann gegen diesen binnen 4 Wochen Einspruch erheben. Sollte kein Einspruch erhoben werden, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und es kann der Kläger Exekution in das Vermögen des Beklagten führen, falls dieser die Forderung nicht bezahlt. 

Forderungen über € 30.000,--
Bei einer Forderung über € 30.000,-- wird eine Klage beim örtlich zuständigen Landesgericht eingebracht. Der Beklagte erhält die Möglichkeit, binnen einer vom Gericht bestimmten Frist (drei bis vier Wochen), eine Klagebeantwortung zu erstatten. Sollte dies nicht zeitgerecht geschehen, so kann der Kläger ein Versäumnisurteil beantragen. Gegen dieses Versäumungsurteil kann der Beklagte noch binnen 14 Tage nach Zustellung Widerspruch erheben, ansonsten wird das Versäumungsurteil rechtskräftig und es kann Exekution in das Vermögen des Schuldners geführt werden, falls dieser den Klagsbetrag, samt Prozesskosten nicht bezahlt. 

Schritte in Prozesse
Erhebt der Beklagte Einspruch gegen den Zahlungsbefehl (Forderung ist unter € 30.000,--  oder beantwortet er die Klage mit einer Klagebeantwortung (Forderung ist über € 30.000,--) wird vom Gericht eine mündliche Streitverhandlung anberaumt. Somit ist der Zivilprozess eingeleitet, der wie folgt abläuft.

Der Kläger bzw. dessen Rechtsanwalt bringt vor der ersten mündlichen Streitverhandlung bei Gericht einen Schriftsatz ein, in dem er dem Vorbringen des Beklagten im Einspruch oder in der Klagebeantwortung seine Argumente schriftlich entgegenhält. Es werden mit diesem Schriftsatz die notwendigen Urkunden (Bestellungen, Lieferscheine, Rechnungen, Verträge, Korrespondenz usw.) vorgelegt und die Zeugen, oder allenfalls auch die Beiziehung von Sachverständigen beantragt. Der Beklagte erwidert meist darauf mit einem weiteren Schriftsatz.

In der ersten Verhandlung wird in der Regel das weitere Vorgehen vom Richter festgelegt und versucht die Rechtssache einvernehmlich zu regeln.

Die Anzahl der folgenden Verhandlungen ist vom Umfang der durchzuführenden Beweisen (Einvernahme der Zeugen, Parteien und allenfalls Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen) abhängig. Man kann also von zwei weiteren Gerichtsverhandlungen ausgehen, bis der Richter ein Urteil fällt.

Gegen dieses Urteil hat die unterlegene Partei die Möglichkeit eine Berufung zu erstatten, der von der anderen Partei mit einer Berufungsbeantwortung entgegnet wird.

Sollte der Beklagte keine Klagebeantwortung gegen die Klage oder keinen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erheben, so kann man damit rechnen, dass binnen zwei Monaten das Urteil rechtskräftig ist und Exekution geführt werden kann.

Bei einem Prozess mit drei Verhandlungen kann man von einer Prozessdauer von ca. 18 Monaten ausgehen. Sollte die unterlegene Partei eine Berufung erheben, so wird es ca. noch ein weiteres halbes Jahr dauern bis eine Entscheidung der zweiten Instanz vorliegt. 

Prozesskosten
Nach der österreichischen Rechtsordnung ist jene Partei die in einem Prozess vollständig unterliegt, verpflichtet, dem Gegner die Kosten der Prozessführung zu ersetzen. Zu diesen Kosten gehören die Gerichtskosten, die Rechtsanwaltskosten, das Entgelt für den Sachverständigen, jene Kosten die ein Zeuge beansprucht (Anreise, Verdienstentgang) und sonstige Kosten die für die Durchsetzung des Anspruches notwendig sind. Die Höhe der Prozesskosten bestimmt sich nach der Höhe der eingeklagten Forderung und nach dem Umfang des Prozesses. Das bedeutet, je höher die eingeklagte Forderung desto höher sind die Prozesskosten für eine Klage, einen Schriftsatz oder einer Gerichtsverhandlung. Je länger eine einzelne Verhandlung dauert, desto teurer ist diese. 

Inkassospesen
Die Inkassospesen werden nach der österreichischen Rechtsordnung aus dem Titel des Schadenersatzes zugesprochen. Die Einschaltung eines ausländischen Inkassobüros ist jedenfalls für die ordnungsgemäße Rechtsverfolgung der Forderung notwendig. Die Inkassospesen berechnen sich nach einer eigenen Verordnung und können mit Vorlage einer Aufstellung mit der Klage geltend gemacht werden. 

Exekution
Im Exekutionsverfahren können verschiedene Anträge gestellt werden (z.B. Verwertung der Gegenstände, die sich im Eigentum des Schuldners befinden, Pfändung von Forderungen, die der Schuldner gegenüber Dritten hat, Begründung eines Pfandrechtes an einer Liegenschaft die dem Schuldner gehört, usw.). Das Exekutionsverfahren kann je nach Liquidität des Schuldners sechs Monate bis zwei Jahre dauern.